
Ähnlich wie bei Menschen bereitet der Bandscheibenvorfall auch vielen Hunden starke Schmerzen. Die Erkrankung, die im Volksmunde auch “Dackellähmung” genannt wird, kann jedoch neben dem Dackel auch andere Hunderassen betreffen. (1)
Bei der Diagnose sind viele Hundebesitzer zunächst einmal bestürzt. Viele rechnen mit schlimmen Konsequenzen. Das muss jedoch nicht immer der Fall sein. Mit den richtigen Maßnahmen kann oft eine Operation umgangen und ein solcher Fall von vornherein vorgebeugt werden. In diesem Artikel erläutern wir dir das Wichtigste rund um das Thema Bandscheibenvorfall bei Hunden.
Das Wichtigste in Kürze
- Manche Hunde neigen tatsächlich eher zu einem Bandscheibenvorfall: Besonders zwergwüchsige Rassen tendieren dazu, von der Krankheit betroffen zu sein.
- Symptome können je nach Lokation und Schweregrad des Vorfalls variieren.
- Leichten Bandscheibenvorfälle können auch konservativ, also ohne eine OP, behandelt werden.
Definition: Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Die Wirbelsäule des Hundes besteht aus sieben Hals-, dreizehn Brust-, sieben Lenden-, drei Kreuzbein- und zehn bis dreiundzwanzig Schwanzwirbeln. (1) Ähnlich wie bei Menschen dienen die in den Zwischenwirbeln liegende Bandscheiben als Puffer und sorgen – im wahrsten Sinne – für eine reibungslose Bewegung und Federung der Wirbelsäure des Hundes.
Eine Bandscheibe besteht aus drei Teilen: dem Kern (Nucleus pulposus), dem äußeren Ring (Anulus fibrosus) und der Übergangszone zwischen dieser beiden. (1, 2) Der Kern besteht zu 80 bis 85% aus Wasser, während der Ring aus dicken, weißen Faserbündeln und kollagenproduzierenden Zellen gebildet ist. (1, 2)
Hintergründe: Was du über Bandscheibenvorfälle bei Hunden wissen solltest
Wie Menschen sind auch Hunde anfällig für Probleme mit den Bandscheiben in ihrer Wirbelsäule. Die Anzeichen hängen von der genauen Position des Vorfalls oder Risses ab. Im Folgenden gehen wir auf alle wichtigen Fragen in Bezug auf das Thema Bandscheibenvorfall bei Hunden genauer ein.
Warum kommt es bei Hunden zu einem Bandscheibenvorfall?
Von dieser rassenbedingten Veranlagung sind besonders kleine bis mittelgroße Hunden mit kurzen Gliedmaßen und verlängertem Rückgrat betroffen. (5, 6) So sind etwa Dackeln, Pekinesen, Spaniel, Bassets und auch Schäferhunde besonders krankheitsanfällig. (5) Häufigstes Vorkommen beim degenerativen Vorfall ist der hintere Teil der Brustwirbelsäule.
Daneben gelten altersbedingter Verschleiß, Verletzungen, Unfälle, Bewegungsmangel und Überbelastung als eine der häufigsten Ursachen für Bandscheibenprobleme bei Hunden.
Ersteres entsteht durch den normalen Alterungsprozess oder durch Übergewicht bedingte Fehlbelastung der Wirbelsäure. In diesem Fall entsteht der Bandscheibenvorfall dadurch, dass der Kern der Bandscheibe mit der Zeit Wasser verliert, wodurch die Wirbelsäule an Elastizität und Beweglichkeit verliert. (2)
Dies wiederum erhöht den Druck auf die betroffenen Wirbelkörper, die mit Knochenzubildung darauf reagieren und dafür sorgen, dass sich die Gelenke des Hundes mit der Zeit mehr und mehr versteifen.
Typen der Bandscheibenverwölbung
- Hansen Typ I: Dieser Typus betrifft meist kleine Hunde ab dem ersten Jahr und größere Rassen eher selten. Es zeigt sich in akuten, oft sehr starken Schmerzen. Grund dafür ist der faserknorpelige Ring, der austrocknet und einreißt. (3, 4) Die Bandscheibe beginnt von außen nach innen zu verkalken und teilweise abzusterben. Diese Prellung des Rückenmarks äußert sich in schweren Schmerzen. (4)
- Hansen Typ II: Dies kommt meist bei großen Hunden ab einem Alter von sechs Jahren vor. Dieser Typ ist chronisch und weniger schmerzhaft und ähnelt dem Bandscheibenvorfall beim Menschen. Die Symptome kommen meist erst nach und nach und machen sich somit erst später bemerkbar. (3) Aufgrund der anhaltenden Beeinträchtigung der Blutversorgung kommt es leider häufig zu unwiederherstellbaren Schäden der Nervenbahnen. (3) Deswegen ist die Prognose bei diesem Typ meist schlechter als beim Typ I.
- Hansen Typ III: Dieser Typ tritt meist akut unter Belastung oder durch ein Trauma auf. Hier kommt es zu einem Riss des äußeren Faserrings und der nicht degenerierte Kern schießt heraus, ohne dabei das Rückenmark zu quetschen. (3)
Welche Rassen sind besonders betroffen?
Auch neigen die zwergwüchsigen und sogenannten chondrodystrophen (griechisch für “schwer ernährbare”) Rassen zu einer frühen Verkalkung, (1) welches mit dem Elastizitätsverlust der Bandscheiben einhergeht. So sind beispielsweise Dackeln, Pekinesen, Spaniel, Bassets und aber auch Schäferhunde besonders krankheitsanfällig. (1, 5)
Wie erkenne ich einen Bandscheibenvorfall bei einem Hund?
Oft zeigen Hunde schon recht früh, dass etwas nicht stimmt. Erste Anzeichen sollten daher ernst genommen werden. Wenn Bandscheibenvorfälle in ihrem Anfangsstadium bereits ärztlich behandelt werden, können Komplikationen, wie z.B. Lähmungen, verhindert werden. (7)
Bedenke, dass jeder Hund individuell ist und sich jeder Vorfall je nach Schweregrad unterscheiden kann. Daher können es auch andere Symptome sein, die dein Hund aufzeigt. Sobald du ein abnormales Verhalten feststellst, solltest du schnellstmöglich einen Tierarzt aufsuchen.
Welche Symptome zeigt der Hund bei einem Bandscheibenvorfall?
Protrusion (Vorwölbung der Bandscheibe) | Etrusion (Vorfallen des gesamten Bandscheibegewebes) |
---|---|
Der Hund zeigt erste Anzeichen von Schmerzen | Der Hund ist selbst bei kleinen Berührungen sehr schmerzempfindlich |
Seine Bewegung ist eingeschränkt | Inkontinenz und Lähmungserscheinungen |
Auch je nachdem, welche Stelle des Hundes betroffen ist, unterscheiden sich die Symptome:
Bandscheibenvorfall im Halsbereich | Bandscheibenvorfall im Brust- oder Lendenbereich |
---|---|
Steife Kopf-und Halshaltung | Unnatürliche, gekrümmte Haltung des Rückens |
Angespannte Nackenmuskulatur | Schmerzen an betroffenen Stellen der Wirbelsäule |
Vereinzelte Schmerzlaute | Lähmungen |
Betroffene Hunde lassen sich nicht mehr im Hals- oder Nackenbereich anfassen | Harn- und Kotinkontinenz |
In Extremfällen Lahmheit einzelner oder mehrerer Pfoten | Probleme beim Stuhlgang |
Was tun beim ersten akuten Bandscheibenvorfall?
- Entlaste die Wirbelsäule so schnell wie möglich
- Nutze statt eines Halsbandes ein Brustgeschirr
- Idealerweise trägst du deinen Hund. Falls nicht möglich, lasse den Hund nicht mehr springen oder die Treppen laufen
- Schränke seine Bewegung ein und schone ihn
- Falls vorhanden, nutze eine Wärmelampe, um die Rückenmuskulatur zu entspannen
Welche Behandlung ist sinnvoll?
Konservative Therapie
Wenn es sich um eine milde Variante des Bandscheibenvorfalls handelt, ist in der Regel eine sogenannte konservative Therapie möglich. Was diese Art von Therapie ausmacht sind Schmerzmittel, strenge Ruhe und anschließend eine Physiotherapie. Eine Physiotherapie ist besonders ratsam, da diese die Genesungszeit maßgeblich beschleunigt, das Gewebe stärkt und somit auch einen Rückfall vorbeugen kann.
Mit einer konservativen Behandlung verfolgt man die Erhaltung und Beweglichkeit der Gelenke, die Lockerung der Verspannungen, das Abklingen der Entzündungen und die Stärkung sowohl der Funktionsfähigkeit der Beine als auch der Kondition.
Operation
In besonders ernsten Situationen, wenn der Hund etwa gar nicht mehr aufstehen kann, ist eine sofortige Operation notwendig, da sonst im Rückenmark irreversible Schäden entstehen können. Mit welcher Operation vorgegangen wird hängt stark von der Lokalisation des Vorfalls ab.
Ist dies im Bereich der Brust oder der Lendenwirbelsäule lokalisiert, deutet es stark auf eine Hemilaminektomie. (6) Hier wird die Wirbelsäule seitlich mithilfe der Fräse geöffnet und der Bandscheibenvorfall beseitigt.
Nichtchirurgische Behandlung
In nicht ganz ernsten Fällen ist auch eine nichtchirurgische Behandlung in Form von Akupunktur, Chiropraxis oder Homöopathie möglich. Ärzte bestätigen, dass vor allem bei nicht plötzlich aufgetretenen und weniger ernsten Banscheibenvorfällen solch eine Behandlung durchaus logisch und vielversprechend ist. (8)
Welche Hilfsmittel kann ich für eine schnellere Genesung von einem Bandscheibenvorfall einsetzen?
Um die Lebensqualität deines Hundes nach solch einem schweren Vorfall aufrecht zu erhalten, erhält dein Hund Schmerzmittel. Diese wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend. Wichtig ist: Gebe deinem Hund niemals Schmerzmittel ohne die ausdrückliche Genehmigung deines Tierarztes! Lassen dich ausführlich von deinem Tierarzt beraten.
Physiotherapie beschleunigt nicht nur die Genesungsdauer, sie wird auch von vielen Profis sehr ausdrücklich empfohlen.
Bandscheibenvorfall beim Hund: Die besten Tipps & Tricks zur Vorbeugung
Einen Bandscheibenvorfall beim Hund zu vermeiden ist nicht immer möglich, da dies mit vielen unterschiedlichen Faktoren verknüpft ist. Du kannst jedoch versuchen, diesem vorzubeugen. Im Folgenden verraten wir dir die besten Tipps zur Vorbeugung eines Bandscheibenvorfalls bei deinem Hund.
Bandscheibenvorfall vorbeugen
Essenziell für die Vorbeugung ist es, die Belastung der Wirbelsäule möglichst gering zu halten. Dies kann über viele verschiedene Wege erfolgen. Im Folgenden nennen wir die wichtigsten Tipps, um ein Bandscheibenvorfall an deinem Liebsten zu umgehen.
Bewegung
Ausreichende Bewegung ist für alle Hunde von Bedeutung. Bei stark von dieser Krankheit gefährdeten Rassen aber sollte man besonders darauf achten, dass diese sich genug bewegen. Gehe also möglichst häufig mit ihm spazieren. Vorsicht: Bewegungen, die der Wirbelsäule jedoch schaden könnten, sollten vermieden werden.
So solltest du auch im Alltag stets darauf achten, dass Treppensteigen entweder auf einem Minimum gehalten oder komplett vermieden werden. (9)
Übergewicht
Übergewicht spielt bei Bandscheibenvorfällen eine enorme Rolle. (9) Viele der betroffenen Tiere sind zu dem Zeitpunkt der Diagnose zu einem sehr hohen Prozentsatz übergewichtig. Diese extra Pfunde belasten zusätzlich die Bandscheibe. Daher ist es äußerst wichtig, regelmäßig das Gewicht deines Hundes zu überprüfen und ihn auf seinem Idealgewicht zu halten.
Eigenverantwortung
Damit es erst gar nicht so weit kommt, dass es deinen kleinen Freund erwischt, ist es wichtig, dass du als Hundebesitzer deinen Beitrag leisten und das Deine tust. Dies benötigt stetige Aufmerksamkeit.
Für die Gesundheit deines Schützlings solltest du auch mit kleinen Dingen sehr vorsichtig sein: Vermeide, dass dein Hund beispielsweise die Treppen herunterrennt, unkontrolliert springt oder Lebensmittel verzehrt, was es nicht verzehren darf.
Ein zu massiver Leinenruck kann ebenso schlimme Folgen haben. (9) Verfolge regelmäßig das Gewicht deines Hundes und achte auf kleinste Anzeichen einer Veränderung im Verhalten deines Vierbeiners.
Fazit
Ein Bandscheibenvorfall ist leider wie so viele andere Krankheiten auch niemals komplett auszuschließen und kann trotz all der oben genannten Maßnahmen vorkommen. Mit unseren Tipps tust du jedoch das beste, was in deiner Kraft liegt und trägst dazu bei, solch einen Vorfall bestmöglich zu umgehen. Um Schlimmeres zu vermeiden, fängst du am besten bereits an Tag eins damit an, deinen Liebsten auf die gesündeste Art und Weise zu erziehen.
Im Falle eines solchen Vorfalls solltest du jedoch nicht die Ruhe verlieren. Begebe dich schnellstmöglich in professionelle Hände und lasse dich bei jedem Schritt von deinem Tierarzt beraten. Dieser wird dich und deinen Pelzfreund auf die bestmögliche Weise begleiten und unterstützen.
Bildnachweise: David Taffet/123rf
Einzelnachweise (9)
1.
Koch, D. "Rückenprobleme: Erkennen und Behandeln. Diskusvorfall, Spondylose, Wobbler, Cauda equina". Überweisungspraxis für Kleintierchirurgie. Abgerufen am 05.05.2021.
Quelle
2.
Pfaffendorf, K.S.T. (2014). "Der Rücken des Hundes“. Ein interaktives Lernprogramm zur Anatomie. Abgerufen am 05.05.2021.
Quelle
3.
Fenn, J. et al. (2020). “Classification of Intervertebral Disc Disease.” Frontiers in veterinary science. Abgerufen am 05.05.2021.
Quelle
4.
Da Costa, R. C et al. (2020). “Diagnostic Imaging in Intervertebral Disc Disease.” Frontiers in veterinary science. Abgerufen am 06.05.2021
Quelle
5.
Lappalainen, A. K et al. (2014) “Intervertebral disc disease in Dachshunds radiographically screened for intervertebral disc calcifications.” Acta veterinaria Scandinavica. Abgerufen am 06.05.2021.
Quelle
6.
Thomas, W. B. (2013). "Degenerative Diseases of the Spinal Column and Cord." Neurology and Neurosurgery. Department of Small Animal Clinical Sciences, University of Tennessee. Abgerufen am 06.05.2021.
Last full review/revision Oct 2013 | Content last modified Oct 2013
Quelle
7.
Lausberg, F. (2013). "Erste Hilfe für den Hund: Symptome erkennen, schnell handeln". Abgerufen am 06.05.2021.
Quelle
8.
Hamilton, D. (2005). "Homöopathie für Hunde und Katzen: kleine Gaben für kleine Tiere". Abgerufen am 06.05.2021.
Quelle
9.
PetMD Editorial. (2009). "Intervertebral Disc Disease (IVDD) in Dogs – Slipped Disc". Abgerufen am 06.05.2021.
Quelle